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Mutige Worte: "Das Outing"

09.08.2017 von Conny Tenwinkel | Kategorien: Football

Als ich anfing zu bloggen schrieben mich einige Leser an um nachzufragen ob sie mir etwas schicken könnten das ich für sie veröffentliche. Ich habe darüber nachgedacht und bin zu dem Entschluss gekommen das ich "Gastartikel" anbieten könnte. Das werde ich in Zukunft regelmäßig machen. Also weiterhin könnt ihr mir eure Beiträge schicken, ob es passt oder nicht für mich oder meinen Blog, werde ich euch mitteilen. Ob ihr anonym bleiben wollt in der Öffentlichkeit oder nicht ist mir wurscht. 
Heute habe ich den ersten  "Gastartikel"  in meinem Blog. Und der Schreiber möchte keineswegs anonym bleiben. Er hat mich auch nicht darum gebeten sondern ich ihn, etwas über seine Geschichte zu Papier zu bringen, weil darüber kaum geschrieben wird und ich ja dafür bekannt bin
( Asche auf mein Haupt ) Themen auf zugreifen die anecken könnten.....

Ich kenne Jonas schon einige Jahre und ich war sehr überrascht als ich von seinem "Outing" erfuhr. Nicht negativ, aber schade für die Frauenwelt.
So ein hübscher Mann...und dann spielt der auch noch den geilsten Sport den es gibt.^^

Im American Football ist das noch ein Tabuthema glaube ich. Zumindest spricht kaum einer darüber. Ich vermute aber auch weil man American Football grundsätzlich mit "Männersport" in Verbindung bringt. Deshalb haben Footballer auch oft gute Chancen bei Frauen... nur mal so am Rande bemerkt...
Selten wird ein schwuler Mann aber als männlich betrachtet. Schaut euch das Bild  ganz unten an,  ich finde er sieht sehr männlich aus :-)

Mir persönlich ist es völlig egal ob jemand schwul ist oder nicht. Jeder so wie er möchte, aber ich weiß das es für sehr, sehr viele Jungs als eine unüberwindbare Barriere erscheint sich zu outen. (Für Mädels auch)

Ich habe im Fernsehen einen Bericht gesehen wie jemand seelisch leidet wenn er so was durchmacht. Nicht jeder hat ein gesundes Selbstbewusstsein und  quält sich jahrelang innerlich damit rum. Outen oder nicht? Ganz ehrlich gesagt hat mich das ein oder andere Schicksal sehr berührt und ich war erschrocken darüber wie viele junge Menschen sich deshalb das Leben nehmen wollten oder es auch getan haben aus Angst oder Scham seinen Eltern und Freunden gegenüber und ohne jemals versucht zu haben mit irgendjemandem darüber auch nur zu sprechen. Aus Angst vor der Reaktion. Das war der Anlass für mich Jonas ins Boot zu holen. Danke dir Joni  :-)

Ich glaube er kann mit seiner authentischen und sehr ehrlichen Geschichte dazu anregen einfach mal über seine Worte nachzudenken bevor man verurteilt.


Die liebe Conny hat mich gefragt, ob ich nicht einen Artikel über das Thema "Outing" schreiben wolle. Ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte, da ich zum einen nie wirklich versuchte die wohl nervenaufreibenste Zeit meines bisherigen Lebens in Worte zu fassen und auf Papier zu bringen. Zum anderen bin ich von dem Leitsatz "Wenn du normal behandelt werden willst, dann verhalte dich normal" überzeugt, was in diesem Zusammenhang bedeutet, dass Homosexualität genauso normal ist wie Heterosexualität, und dass erst der Umgang damit (Artikel über das Outing) die Sache verkompliziert. Doch in der Realität gibt es das Klischeedenken, das Stigma; die Beleidigungen; die Übergriffe gegenüber homosexuellen Menschen. Es gibt sie, die sich daraus resultierende Angst, sich zur Homosexualität zu bekennen. Und deswegen ist jedes Bekenntnis, jeder Text, jedes gesprochene Wort gut! Der Artikel bezieht sich unter anderem auf American Football, weil ich mit dieser Sportart groß wurde und weil ich darüber Conny kennen gelernt habe.

Anders ist das neue Normal

Ich bin schwul, aber dass das auch "gut" sein soll, wie Klaus Wowereit im Jahre 2001 auf einem Parteitag der SPD behauptete ("Ich bin schwul und das ist auch gut so"), konnte ich lange Zeit nicht bestätigen. Hatte lange damit zu kämpfen. Ich wollte nicht schwul sein. Homosexualität war für mich nicht gut. Es stand für mich für nasale Stimmen, Skinny-Jeanshosen, fiepsige Stimmen und nicht zuletzt Schwäche. Wer homosexuell ist, würde ausgegrenzt, so glaubte ich. Und ich wollte nie ausgegrenzt werden. Ich wollte einfach normal sein. Nicht auffallen. Stattdessen, soviel kann ich vorwegnehmen, wählte ich den Weg der Selbstverleugnung, und grenzte mich somit aus. Denn zu sich zu stehen ist die Grundvoraussetzung, um sich für andere zu öffnen und auf sie einzulassen. Ich mimte den typischen Mann, schauspielerte, und führte deshalb kein normales Leben. Das also, wovor ich so eine höllische Angst hatte, wurde erst durch mein eigenes Verhalten real. Der vermeintlich leichte Weg der Selbstverleugnung gestaltete sich als der schwerere.

Doch langsam. Wie fing alles an? Wann merkte ich, dass ich auf das männliche Geschlecht stehe? Wie ging ich damit um? Wie sah mein Outing aus?

Nur du fühlst, wie du liebst

Es fing mit Ungewissheit an. In Deutschland sind 10% der Männer schwul. 9 von 10 Männern sind also heterosexuell. Diese überwältigende Mehrheit schien für mich die Normalität. Normal ist das, was die Mehrheit ist. Normal ist Heterosexualität. Dem stand ich mit meinen homosexuellen Neigungen gegenüber. Dieser Widerspruch meiner Empfindungen zur Außenwelt lähmte mich, machte mich ohnmächtig. Ich traute mich nichts mehr, schottete mich ab. Hörte auf zu leben. Das sei eine Phase, die schon vorüberging, versuchte ich meine Gefühle zu erklären und mich zu beruhigen. Doch mit der Zeit musste ich mir eingestehen, dass das keine Phase ist. Ich bin schwul, daran war nicht zu rütteln, was eine Katastrophe für mich war. Denn ich hatte schon einen Lebensentwurf, nach dem ich jede Woche eine Neue kennen lerne, mit ihr Spaß habe und schließlich die Frau meines Lebens finde, mit der ich ein Haus baue, einen Baum pflanze und zwei Kinder zeuge. Eine ganz normale Familie also, und doch erfüllt, glücklich. Von diesem Bild musste ich mich verabschieden.

Du entscheidest, was normal ist

Ich bin also schwul. Doch wie gehe ich damit um, wenn ich das nicht sein will, wenn ich nicht dazu stehe? Ich verleugnete mein Selbst, schauspielerte. Ich beobachtete, wie sich "richtige" Männer verhalten und mimte sie nach. Football; eine möglichst tiefe, unaufgeregte Stimme; Frauen- und Schwulenwitze- all` das schien mir männlich, all` das machte ich mit, um mich nicht ungewollt zu outen. Dabei hätte ich einfach nur meine Augen öffnen sollen. Denn dann hätte ich gesehen, dass kein Mensch normal, dass die Welt bunt ist. Ich hätte große Menschen gesehen, kleine, dicke, dünne. Temperamentvolle Menschen, besonnene Menschen, kreative Menschen, intelligente Menschen, aber auch dumme und nicht zuletzt faule. In dieser Vielfalt liegt die Legitimation für den Einzelnen und seine Andersartigkeit. Wenn ihr das auf den Footballsport übertragt- fällt euch eine andere Sportart ein, in der Mannschaften so vielfältig (nicht zuletzt durch die unterschiedlichen Positionen) sind? Football lebt von seiner Vielfalt. Football ist nur möglich durch die Vielfalt und somit eines von vielen Beispielen, die zeigen: "Vielfalt schafft Beeindruckendes, Wundervolles!". Dennoch verstehe ich euch, die ihr noch nicht den Mut hattet, euch zu outen. Eure Ängste sind mir bewusst. Man fühlt sich einsam. Doch was ist, wenn ich euch verspreche, dass das nicht so bleiben muss? Was ist, wenn ich euch sage dass ihr keine Angst haben müsst? Was ist, wenn ich euch garantiere, dass ihr euch leichter und besser fühlen werdet, wenn ihr euch outet? Ich verrate euch heute, dass ihr euch alle outen werdet. Das ist nur noch eine Frage der Zeit, bis ihr allen beweist welcher Mut und was für eine Kraft in euch steckt. Ein ehemaliger Trainer sagte uns jungen Footballspielern mal, dass wir für uns entscheiden müssten, wie wir unser Leben führen- als Hauptdarsteller oder als Nebendarsteller. Lebt euer Leben als Hauptdarsteller, macht euch nicht abhängig von den Befindlichkeiten anderer.

Nach dem Outing ist vor dem Outing

Wenn du nicht gerade weltberühmt bist, dann musst du dich leider immer wieder outen. Mein erstes Outing wurde inspiriert durch ein Vorbild. Einer starken Frau. Dunja Hayali, ZDF-Moderatorin, liebt Frauen und hat mich mit ihrer offenen und kämpferischen Art ermutigt, damit offensiv umzugehen. Sowie auch andere. Jeder homosexuelle Mensch, der sich dazu bekennt, macht einem Mut. So war es zumindest bei mir.

Dennoch war mein erstes Outing ein ängstliches. Ich schrieb einem Freund, mit dem ich viele Bekannte habe, dass ich schwul bin. Er sollte es streuen. Das tat er und ich konnte die Reaktionen abwarten. Manche meldeten sich neugierig, andere blieben verhalten, doch alle haben tolerant reagiert. Keiner mit Abneigung. Mit der Zeit ging ich offener damit um. Dadurch, dass ich mich befreiter fühlte, nicht nur durch die positiven Reaktionen, fiel es mir einfacher dazu zustehen. Heute ist es mir scheiß egal, was andere darüber denken.

Manchmal muss ich schmunzeln, wenn nach einem Outing folgende Bemerkungen fallen:

"Das hätte ich dir schon früher sagen können." oder "Was?! Du bist schwul?! Das hätte ich ja nie gedacht!" oder "Du bist schwul? Krass, aber du warst doch ein Hard-Hitter" oder "Wann wurdest du denn eig. schwul?". Solche Bemerkungen sind niedlich, nicht zu ernst zu nehmen, auch wenn sie etwas ausdrücken. Sie offenbaren ein Klischeedenken

JA! Ich bin schwul und das ist auch gut so!

Heute kann ich den Satz "Ich bin schwul und das ist gut so!" voll und ganz bestätigen! Ich liebe Männer. Dass ich das ausleben und mit anderen darüber offen reden kann, macht mich glücklich. Mich macht glücklich, dass kein einziger Mensch diesbezüglich mit Abneigung reagiert. Deutschland scheint tolerant zu sein, was das betrifft. Doch ich habe noch einige Wünsche. Ich habe den Wunsch, dass man in unserer Gesellschaft nicht davon ausgeht, dass alle heterosexuell sind. Ich es fände schön, wenn auf die Frage "Hast du eig eine Freundin?", die Frage: "Hast du einen Freund" folgen könnte. Ich habe den Wunsch, dass dadurch ein lockererer Umgang mit Liebe und Sexualität entsteht. Denn ist es nicht so, dass sich viele heterosexuelle Menschen nicht trauen, zu fragen ob man hetero- oder homosexuell ist? Aus Angst man könnte sein Gegenüber (als homosexuell) beleidigen? Ich habe den Wunsch, dass wir aufhören in Schubladen zu denken. So verschieden unsere Gesellschaft auch ist, so unterschiedlich sind die vielen homosexuellen Menschen. Es gibt nicht den einen Schwulen. Es gibt homosexuelle Männer, die es lieben Handtaschen mit sich zu führen, sich zu schminken und enge Hosen zu tragen. Es gibt auch schwule Männer, die es lieben enge Hosen zu tragen und American Football zu spielen. Es gibt schwule Footballspieler, die das Spiel härter und besser betreiben, als heterosexuelle. Das alles ist auch gut so, denn Vielfalt ist das, was unsere Gesellschaft spannend macht. Ich bewundere jeden Menschen, der so lebt wie er fühlt. Es gibt jedoch Menschen, die damit ein Problem haben; die uns homosexuellen Männer nicht nur als "Schwuchteln" beleidigen oder uns tätlich angreifen. Sie sind genervt von dem "Schwuchtelgehabe". Denen habe ich zu sagen- wenn es euch stört, dass Männer händchenhaltend durch die Stadt laufen, dass Männer offen schwul sind, dann habt ihr ein Problem und nicht die, die Hand in Hand gehen! Ihr scheint irgendetwas mit euch auszutragen, ihr scheint unglücklich zu sein, wenn ihr euch über das Glück der anderen aufregt.

 

Ich freue mich über alle Rückmeldungen, bin bereit Ratschläge zu geben und stelle mich bei beidseitigem Interesse auch gerne als Partner zu Verfügung :D Denn ich habe einen neuen Lebensentwurf, für den ich noch einen Mann brauche :D

Jonas

Wer Kontakt zu Jonas aufnehmen möchte kann das unter folgender E-Mail Adresse gerne tun: jonasforster@gmx.de

*wer Rechtschreibfehler findet darf sie behalten.